Gedanken zur Exkursion in die Gedenkstätte Ravensbrück

des Leistungskurses Geschichte 13.4 (vom 16.10.-19.10.2017)

„Eines Tages kamen wir von der Arbeit zum Appellplatz. Dort war ein Galgen aufgestellt, an dem drei Mädchen hangen. Wir mussten auf dem Appellplatz stehen und die getöteten Mädchen anschauen. Eine Aufseherin sprach zu uns und sagte: `Seht genau hin, so gehts euch, wenn ihr nicht spurt!‘ Das werde ich mein Lebtag nicht vergessen.“ (Quelle: Ausstellungstafel auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Uckermark, zitiert nach: Rotmund, Chris: „Fürsorge als Ausgrenzung“, Diplomarbeit 2006.)
Es sind solche Worte, welche einem schlagartig das Martyrium des Ortes vor Augen führen. Aber es sind auch genau jene Worte, welche die Frage nach dem Warum in den Mittelpunkt rücken.

 

Bereits am ersten Tag unseres Aufenthaltes in der Gedenkstätte Ravensbrück erkundeten wir nicht nur das Areal des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers, sondern nahmen auch die Dimension der Infrastruktur des Todes mit den vorhandenen Außenlagern zur Kenntnis. So betraten wir das Gelände des ehemaligen Jugendschutzlagers Uckermark, die stillgelegten Bahngleise und die Beutegutbaracken, als auch das Siemensgelände, auf dem die Insassen/innen des damaligen Lagers Zwangsarbeit verrichten mussten. „In dem Jugendschutzlager Uckermark wurden zwischen 1942 und 1945 ca. 1.200 Mädchen und junge Frauen inhaftiert, sie wurden als `Asoziale` und `Kriminelle‘ verfolgt.“ (Quelle: Limbächer, Katja, u.a.: Das Mädchenkonzentrationslager Uckermark“, Oktober 2000, S. 9.) Jenen Zahlen ein Gesicht zu verleihen, eine Biografie zuzuordnen, die Namen der Opfer als auch die der Täter aufzuspüren, sich mit den Schicksalen der Häftlinge auseinanderzusetzen, das waren elementare Aufgaben während unseres viertägigen Aufenthaltes in der Gedenkstätte Ravensbrück. Die intensive Betreuung durch das pädagogische Personal der Gedenkstätte, insbesondere die engagierte Arbeit von Thomas Kunz, ermöglichte uns tiefe und emotionale Einblicke in den Lageralltag der Häftlinge oder in die Tätigkeit der Aufseherinnen und deren Werdegang nach dem Ende der Nazidiktatur. Gerade letzterer Punkt und die oftmals nicht vollzogene Verurteilung der Täter, sondern ihr Weg zurück in den Alltag, lässt einen fassungslos und wütend zurück. Andere Schüler/innen haben sich mit den künstlerischen Erzeugnissen der Häftlinge auseinandergesetzt, welche authentische Dokumente des Leids darstellen, aber gleichzeitig auch den Überlebenswillen vieler Frauen und Männer dokumentieren. Unter welchen diffizilen Bedingungen, solche Zeichnungen oder Gedichte angefertigt wurden, kann man nur erahnen. Ebenso spielte die Kunst auf dem Gelände, welche nach 1945 erschaffen wurde, eine Rolle. So sind „Die Tragende“ von Will Lammert und die „Müttergruppe“ von Fritz Cremer eingehender untersucht worden. Auch die medizinische Versorgung und die damit verbundenen grausamen Experimente waren thematischer Gegenstand einer Arbeitsgruppe. So vielfältig die Themen auch waren, so stand doch immer der Einzelne im Fokus der Untersuchung, die Opfer, die sich in dieser unvorstellbaren Extremsituation befanden, aber auch die Täter, welche sich bewusst in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie stellten und die Ermordungen von tausenden unschuldigen Menschen in Kauf nahmen.
Durch Monika Schnell erhielten wir im Verlauf der Tage wertvolle Einblicke in die Arbeit des Archivs und erfuhren, welchen Weg manch ein Dokument gehen muss, um am Ende in die Hände der Archivarin zu gelangen. Dass selbst Ebay als Fundus für die Erweiterung des Archivs genutzt wird, sorgte für erstaunte Gesichter.
Wir waren als Kurs in den ehemaligen Unterkünften der Wärterinnen einquartiert. Jene Objekte werden von der Jugendherberge Ravensbrück genutzt und dienen bereits seit mehreren Jahren als Unterkünfte für Reisende. Frau Nägel und ihr Team sorgten auch in diesem Jahr wieder für eine optimale Versorgung unseres Kurses.

Am Ende des viertägigen Aufenthaltes in der Gedenkstätte wuchs die Erkenntnis, insbesondere angesichts wachsender rechtsextremer Tendenzen in unserer Gesellschaft, weiterhin Zeugnis abzulegen, die Wahrheit über den Terror der Nationalsozialisten zum Gegenstand von Debatten zu erklären und das Leid der unzähligen Opfer zu thematisieren und ihnen damit ein würdiges Andenken zu bewahren.

der Leistungskurs Geschichte 13